Die progressive supranukleäre Blicklähmung (PSP)

Was ist eine progressive supranukleäre Blickparese?

 

Die ersten Krankheitszeichen

         Gestörte Augenbewegungen als Hauptsymptom der Erkrankung

         Veränderungen der Persönlichkeit

         Schlafstörungen

         Verlangsamung des Denkens

         Sprechen und Schlucken

         Bewegungsstörungen

 

Ursachen und Entstehung

 

Wie wird eine PSP festgestellt?

         Neurologische Untersuchung und Bildgebende Verfahren

         Untersuchungen zum Ausschluss anderer Erkrankungen

 

Die Behandlung mit Medikamenten

         L-Dopa

         Amantadin

         Dopamin-Agonisten

         Rasagalin und Selegilin

 

Weitere Behandlungsmöglichkeiten

         Physiotherapie

         Logopädie

         Atemtherapie

         Weitere unterstützende Maßnahmen

 

Leben mit PSP

 

Palliativmedizin und Kontrolle der Betroffenen über medizinische Maßnahmen

 

So können Sie die Forschung unterstützen

 

HL1: Was ist eine progressive supranukleäre Blickparese?

 

PSP ist die Abkürzung für die englischen Worte „progressive supranuclear palsy“, zu deutsch „progressive supranukleäre Blickparese“. Mit diesem Begriff wird das Hauptsymptom der Erkrankung benannt, nämlich die fortschreitende (progressive) Einschränkung der willkürlichen (supranukleären) Augenbewegungen.

 

Die progressive supranukleäre Blickparese (PSP) ist eine seltene Erkrankung mit etwa 10.000 Betroffenen in Deutschland. Wahrscheinlich sind aber mehr Personen betroffen, da vor allem in der Frühphase der PSP aufgrund des klinischen Erscheinungsbildes die Unterscheidung zur Parkinson’schen Erkrankung schwierig ist – selbst für erfahrene Neurolog*en. Die Unterscheidung beider Erkrankungen ist auch deshalb schwierig, weil ein erhebliche Anteil  der PSP-Patienten auf Medikamente anspricht, die auch bei der Parkinson’schen Erkrankung eingesetzt werden.

Tatsächlich wurde die PSP in den letzten Jahren in verschiede Parkinson Formen unterteilt, nachdem die Krankheit(en) 1963 von den Ärzten und Wissenschaftlern Steele, Richardson und Olszewski beschrieben und daher lange Zeit als „Steele-Richardson-Olszewski-Syndrom“ bezeichnet wurde. Am häufigsten (circa 40 %) zeigt sich das klassische Richardson-Syndrom mit Levodopa-resistentem akinetisch-rigiden Syndrom der axialen Muskulatur, früh im Krankheitsverlauf auftretender Fallneigung nach hinten und eben der vertikal betonten supranukleären Blicklähmung. Antriebsminderung (Apathie) und Störung der Wortflüssigkeit sowie eine spastische (pseudobulbäre) Sprech- und Schluckstörung sind charakteristisch. In etwa 20 % der Fälle steht aber zunächst ein Parkinson-Syndrom im Vordergrund. Mitunter kann zu Beginn der Krankheit auch ein klinisches Bild entsprechend der verhaltensbetonten (behavioralen) Variante der frontotemporalen Demenz (bvFTD, circa 15 %) oder einer progressiven nichtflüssigen Aphasie (PNFA, circa 5 %) im Vordergrund stehen, die sich klinisch erst von anderen Formen einer frontotemporalen Demenz unterscheiden lassen, wenn okulomotorische Probleme erscheinen. Ebenfalls kann eine PSP-Pathologie klinisch ein kortikobasales Syndrom (CBS, circa 10 %).

Eine ausführliche und fundierte Abhandlung zur Unterscheidung der atypischen Parkinson-Syndrome aus wissenschaftlicher Sicht bietet der Artikel von Levin und Höglinger im deutschen Ärzteblatt (arztebl.2016.0061).

 

HL1: Die ersten Krankheitszeichen

 

Viele berichten anfangs über ein andauerndes Schwindelgefühl, Gleichgewichtsstörungen, Gangunsicherheit oder plötzliche Stürze, am häufigsten nach hinten. Auch Schwierigkeiten beim Lesen, Treppensteigen und Autofahren, ddurch die Störung der willkürlichen Augenbewegungen auftreten, können als erste Symptome auftreten.. Das Haupterkrankungsalter liegt zwischen 50 und 70 Jahren. Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen.

 

HL2: Gestörte Augenbewegungen als Hauptsymptom der Erkrankung

 

Während die Betroffenen die Augen nicht willkürlich nach oben oder unten bewegen können, bleibt der sogenannte vestibulo-okulären Reflex intakt: durch passive Kopfbewegung durch einen Untersucher) können reflektorische Bewegungen der Augen immer noch ausgelöst werden.

Ausserdem sind bei der PSP meist schon im Frühstadium die schnellen reflektorischen Bewegungen der Augen, die „Sakkaden“, verlangsamt.

Die Betroffenen bemerken die eingeschränkten Augenbewegungen und klagen häufig über eine Sehschwäche oder Doppelbilder. Beim Lesen fällt ihnen das Bewegen der Augen über die Zeile und das Finden der nächsten Zeile schwer. Aus diesem Grund wird häufig zu Beginn der Erkrankung ein Augenarzt aufgesucht, um eine Brille anzupassen. Die Sehstörungen der PSP kann man durch eine Brille zwar verbessern, aber nicht völlig korrigieren.

Durch die erschwerte Kontrolle der Augenbewegungen wird das Sehvermögen immer schlechter, obwohl der Sehnerv durch die PSP nicht geschädigt wird. Viele Patienten haben an sich zwar ein recht gutes Sehvermögen (Visus), können aber trotzdem vorallem beim Wechsel von  der Ferne  in die Nähenicht fixieren. Dadurch ist Auge die Auge/Kopf-Rumpf-Koordination gestört, was   häufig zum Sturz führt.

Die Lähmung der Augenmuskulatur kann auch zu einer fixierten Fehlstellung der Augen mit folgendem Schielen führen. Dieses Schielen kann mit Prismengläsern (geschliffene Gläser zum Ausgleich des Schielwinkels) zumindest zeitweise korrigiert werden, das stete Fortschreiten der Augenbewegungsstörung macht weitere Anpassungsversuche im Verlauf der Erkrankung aber unmöglich.

Aufgrund der Augenbewegungsstörung ist der Patient fahruntauglich, d.h. dass es ihm nicht erlaubt ist, ein Kraftfahrzeug zu führen. Viele Patienten verzichten bereits frühzeitig auf das Autofahren. Auch die Bewegung der Augenlider kann verändert sein. Bei manchen Patienten kommt es zu kurzem oder länger andauerndem ungewollten Schließen der Augenlider (sogenannter Lidkrampf oder „Blepharospasmus“). Das Öffnen der Augenlider kann erschwert sein, so dass manche Patienten die Stirnmuskulatur zu Hilfe nehmen müssen, um die Augen zu öffnen („Apraxie der Lidöffnung“). Diese Störung kann man sehr gut mit Botolinumtoxin („BOTOX“) behandeln. Die Blinzelrate der Lider kann bei PSP-Patienten auf 3-4 pro Minute reduziert sein (Norm: 15-25 pro Minute), so dass die Augen austrocknen können und durch die Reizung der Hornhaut ein vermehrter Tränenfluss entsteht.

Ferner berichten viele Patienten über eine erhöhte Lichtempfindlichkeit (Photophobie).

 

HL2: Veränderungen der Persönlichkeit

Zu den Frühsymptomen der PSP, die nicht immer vom Patienten selbst bemerkt werden, aber von den Angehörigen, gehört oftmals eine Veränderung der Persönlichkeit, z. B. eine vermehrte Reizbarkeit oder Uneinsichtigkeit. Die Patienten ziehen sich zurück und das Interesse an alltäglichen Dingen und Hobbies lässt nach. Auch Stimmungsänderungen bis hin zur Depression können bereits anfangs vorkommen. Manchmal ist die Kontrolle emotionaler Impulse so gestört, dass die Patienten aufbrausend sind oder viel Nahrung in sich hineinschlingen. Manche Patienten müssen häufig weinen, auch wenn sie mit einem freudigen Ereignis (z. B. Enkelkinder) konfrontiert werden.

 

HL2: Schlafstörungen

Schlafstörungen sind bei der PSP häufig. Sie sprechen in der Regel aber gut auf gängige Schlafmittel an. Nächtliche Halluzinationen oder Unruhe sind ebenfalls gut behandelbar.

 

HL2: Verlangsamung des Denkens

Neben einer Verlangsamung der Bewegungen findet sich oft auch eine Verlangsamung des Denkens (Bradyphrenie), das sich von einer Demenz wie der Alzheimer Demenz unterscheidet. Im Verlauf der Erkrankung entwickelt sich allerdings häufig eine Demenz mit Beeinträchtigungen z.B. beim Planen und Problemlösen und auch in der Orientierung.

 

HL2: Sprechen und Schlucken

Die Bereiche im Gehirn, die die Augenbewegungen kontrollieren, liegen sehr nah an denen, die auch für die Kontrolle von Schlundmuskulatur und Zunge zuständig sind. Schlundmuskulatur und Zunge spielen eine wichtige Rolle beim Sprechen und Schlucken. Das Sprechen bzw. die Stimme der Patienten verändert sich gewöhnlich schon früh im Krankheitsverlauf. Im Vergleich zu ParkinsonPatienten ist das Sprechtempo verlangsamt und die Stimmqualität erscheint gepresst-rau bzw. gepresst-heiser. Auch ist die Stimmlage tiefer als bei Patienten mit Parkinson und es entstehen viele Pausen beim Sprechen. Manche Patienten brummen dauernd vor sich hin.

Das Schlucken von Flüssigkeit und Nahrung kann mit Fortschreiten der Erkrankung zunehmend erschwert sein. Manche Patienten verschlucken sich auch am eigenen Speichel oder müssen sich häufig räuspern. Diese Symptome treten gewöhnlich später auf als die Augenbewegungsstörungen und die Gangunsicherheit.

 

HL2: Bewegungsstörungen

Wie bei Menschen mit Parkinson kommt es bei der PSP häufig zu einer Bewegungsverarmung (Bradykinese) und einer krankhaften Verspannung und einem Bewegungswiderstand der Muskulatur (Rigor), die anfangs im Schulter- und Nackenbereich besonders ausgeprägt sein können. Das für Parkinson typische Ruhezittern (Tremor) kommt bei der PSP nur selten bzw. fast gar nicht vor.

Schmerzhafte Verkrampfungen der Muskulatur und dadurch bedingte Fehlstellungen, wie z. B. Verkrampfungen der Kau-, der Hals- oder der Fußmuskulatur entstehen aufgrund einer andauernden unwillkürlichen Muskelanspannung und können häufig gut mit Botolinumtoxin behandelt werden.

  

HL1: Ursachen und Entstehung

 

Wahrscheinlich entsteht die PSP durch ein Zusammenspiel aus genetischen Veränderungen und Umwelteinflüssen, aber der genaue Entstehungsmechanismus ist wie bei der Parkinson’schen Erkrankung nicht vollständig aufgeklärt. Sicher ist: bei beiden Erkrankungen kommt es zu einem Untergang von Nervenzellen in einem kleinen, aber für die täglichen Funktionen wichtigen Bereich des Gehirns, der Substantia nigra. Bei der PSP verändern sich neben der Substantia nigra noch weitere Nervenzellkerne, und im Vergleich zur Parkinson’schen Erkrankung sind auch mehr chemische Botenstoffe betroffen. Warum es zum Untergang gerade dieser Nervenzellen kommt, ist noch unbekannt.

Während bei Parkinson das Protein α-Synuclein zu Verklumpungen in Nervenzellen beiträgt, ist es bei der PSP das Tau-Protein, welches aber nicht nur in Nervenzellen, sondern auch in den Stütz – (Glia-) zellen (Oligodendrozyten und Astrozyten) zu finden ist. Bei PSP- Patienten wurde auch eine Variante des Tau-Gens auf dem Chromosom 17 gefunden, so dass möglicherweise eine genetische Veranlagung eine Rolle spielt. Die größere Menge betroffener Gehirnbereiche ist vermutlich ein Grund , warum PSP-Patienten nur gering und für eine begrenzte Zeit auf die Medikamente ansprechen, die zur Behandlung bei der Parkinson’schen Erkrankung eingesetzt werden.

Obwohl  Veränderungen in  Genen gefunden wurden, gibt es bisher keinen Hinweis darauf, dass die Erkrankung vererbt werden kann. Äußerst selten nur existieren Familien, in denen mehr als ein Mitglied an PSP erkrankt ist. Das Erkrankungsrisiko für Angehörige von PSP-Patienten unterscheidet sich also nicht von dem für die Normalbevölkerung.   

 

HL1: Wie wird eine PSP festgestellt?

 

HL2: Bildgebende Verfahren

Neben der klinischen Untersuchung, bei der die Symptome abgefragt und die Beweglichkeit untersucht werden, gibt es noch eine Reihe von apparativen Untersuchungen, die bei der Diagnosefindung hilfreich sein können. Eine Computertomographie (CT) ist in der Regel nicht aussagekräftig genug. Geeigneter ist die Magnetresonanz-Tomographie (Kernspintomographie, MRT). Dabei werden die besonders betroffenen Bereiche des Gehirns besser abgebildet. Bei einer PSP zeigt sich aufgrund von Schrumpfungsprozessen durch die Abnahme von Nervenzellen im Hirnstamm ein Bild, im  Hirnstamm, das im Längsschnitt an eine Kolibri, im Querschnitt an den Kopf der „Mickey-Mouse“ erinnert.

Nuklearmedizinische Verfahren helfen insbesondere, die PSP von der Parkinson’schen Erkrankung zu unterscheiden. Bei diesen Untersuchungen werden dem Patienten hintereinander zwei radioaktive Substanzen in die Blutbahn gespritzt. Die eine Substanz lagert sich an die Dopamin-produzierenden Zellen an, die andere an die Dopamin-empfangenden Zellen. Das entstehende Signal wird von Messapparaten aufgefangen und zu farbigen Bildern verarbeitet.

Anhand dieser Bilder kann man den Gehalt des Botenstoffes Dopamin oder die Zelldichte in einem Bereich des Gehirns bestimmen.

Im Gegensatz zur Parkinson’schen Erkrankung zeigen PSP-Patienten nicht nur einen Verlust der Dopamin-produzierenden Zellen, sondern auch eine Abnahme der Dopamin-empfangenden Zellen. Das ist auch der Grund, warum die Wirkung von Parkinsonmedikamenten bei PSP- Patienten nicht so ausgeprägt ist.

 

HL2: Untersuchungen des Blutes zum Ausschluss anderer Erkrankungen

Es gibt keinen Bluttest, mit dem man eine PSP-Erkrankung nachweisen kann. Es werden jedoch manchmal Blutuntersuchungen und Untersuchungen der Hirnflüssigkeit (Liquor) durchgeführt, um andere Erkrankungen, wie z. B. eine Erkrankung mit Störung der Kupferablagerung (Morbus Wilson) auszuschließen, aber auch um Erkenntnisse über die verschiedenen Eiweisse im  Liquor zu gewinnen.

 

HL1: Die Behandlung mit Medikamenten

 

Wie bei allen neurodegenerativen Erkrankungen gibt es auch bei der PSP bislang keine Behandlung, die das Fortschreiten der Erkrankung aufhält. Eine medikamentöse Therapie mit hochdosierten Q10 konnte in der letzten, gut vorbereiteten, randomisierten,Placebo-kontrollierten, doppel-blinden Studie an über 60 Betroffenen mit hochdosierten Q10 (2,4gr/Tag) keinen (deutlichen) Effekt erzielen (Neurol Neuroimmunol Neuroinflamm. 2016 Aug 2;3(5):e266.)

Man kann jedoch die Symptome der PSP lindern. Da der Erkrankungsmechanismus der Parkinson’schen Erkrankung ähnelt, können prinzipiell sämtliche Parkinsonmedikamente zur Behandlung der PSP eingesetzt werden. Allerdings ist deren Wirkung bei Patienten mit PSP häufig nicht so ausgeprägt und nur von begrenzter Dauer.

 

HL2: L-Dopa

kann manchmal die verlangsamten Bewegungen, die Steifheit der Muskulatur und die Gangunsicherheit verbessern, hat allerdings keinen Effekt auf Sprechen, Schlucken oder Sehstörungen. In der Regel lässt die Wirkung nach 2-3 Jahren nach. Die empfohlene Dosis ist zu Beginn 62,5 – 125 mg 3 x täglich. Kurzfristig können höhere Dosen bis 1200 mg pro Tag eine Wirkung zeigen.

 

HL2: Amantadin

wird von vielen Patienten eingenommen. Obwohl eine Besserung fast aller Symptome der Erkrankung verspürt wird, gibt es bislang keine kontrollierten Studien. Es wirkt möglicherweise über eine vermehrte Freisetzung von Dopamin im Gehirn. Die empfohlene Dosis liegt normalerweise bei 2 – 3 x täglich 100 mg. Manche Patienten berichten von einer Besserung nach wöchentlichen Infusionen von Amantadin. Bei Patienten mit Demenz oder Persönlichkeitsveränderungen können hierunter jedoch nächtliche Halluzinationen auftreten.

 

HL2: Dopamin-Agonisten

wie z. B. Pramipexol, Ropinirol oder Rotigotin zeigen in der Regel nur eine sehr geringe Wirksamkeit bei PSP-Patienten, da die Zellen mit den Dopamin-Rezeptoren untergehen. Im Anfangsstadium der Erkrankung ist der Einsatz eines Dopamin-Agonisten aber durchaus gerechtfertigt. Über eine Dauertherapie bei der PSP ist nicht viel bekannt. Dopamin-Agonisten verbessern die gleichen Symptome wie L-Dopa. Rotigotin, das als Pflaster auf die Haut geklebt wird, kann auch bei Patienten mit Schluckstörungen angewendet werden.

 

HL2: MAO-B-Hemmer (Monoaminooxidase-B-Hemmer)

wie z. B. Rasagilin und Selegilin vermindern den Abbau von Dopamin im Gehirn. Beide Substanzen werden bei PSP-Patienten eingesetzt. Möglicherweise verbessert Rasagilin die Stimmung und die Gangstörung zumindest über einen begrenzten Zeitraum. Übliche Tagesdosen sind für Selegilin 5 – 10 mg und für Rasagilin 1 mg pro Tag. Kontrollierte Studien über einen Einsatz bei der PSP fehlen bislang.

 

HL2: Amitriptylin und Imipramin

sind beides sogenannte trizyklische Antidepressiva. Sie werden bei depressiver Stimmungslage eingesetzt. Amitriptylin soll auch die Sturzhäufigkeit vermindern und die Schluckstörung verbessern. Übliche Tagesdosen liegen zwischen 25 – 200 mg. Beide Substanzen wirken über Verbesserung des serotonergen Stoffwechsels in den Nervenzellen und fördern auch den Nachtschlaf.   

 

HL2: Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI)

wie z.B. Citalo- oder Escitalopram, haben auch eine Bedeutung bei der Behandlung der depressiven Stimmungslage, sind aber besonders wirksam beim sogenannten „pathologischen Lachen/Weinen“, also wenn jemand bei einem freudigen Ereignis das Weinen nicht unterdrücken kann. Übliche Tagesdosen liegen zwischen 10 – 40 mg.

 

HL2: Zolpidem

ist ein Schlafmittel, das angeblich die Augenbewegungsstörungen bei PSP-Patienten verbessern soll. Allerdings macht es natürlich sehr müde und eine Einnahme tagsüber ist nicht ratsam (vermehrte Sturzgefahr wegen Müdigkeit). Es ist sehr wirksam bei Schlafstörungen. Die übliche Dosis liegt bei 5-10 mg zur Nacht.

 

HL2: Botulinum-Toxin

wird zu Behandlung des Lidkrampfes, Verkrampfungen der Halsmuskulatur, einer Kiefersperre oder Verkrampfungen der Füße eingesetzt. Das Botulinumtoxin wird dabei sehr stark verdünnt und mit einer feinen Nadel direkt in den betroffenen Muskel eingespritzt. Die Wirkung einer Spritze in die Muskulatur hält in der Regel 3 Monate an und muss dann wiederholt werden.  

 

HL1: Weitere Behandlungsmöglichkeiten

 

HL2: Physiotherapie

Mindestens so wichtig wie die medikamentöse Behandlung ist die Physiotherapie. Sie fördert und erhält nicht nur die Mobilität, sondern vermindert auch die Muskel- und Gelenksteifheit. Jeder Patient benötigt ein individuelles Trainingsprogramm. Das Training vermindert auch die Schwere von Verletzungen bei den häufigen Stürzen. Die Bewegung ist aber nicht nur für den Körper sinnvoll, sondern auch für die Krankheitsbewältigung und die Stimmungslage. Frühzeitige Krankengymnastik kann auch das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.

Eine Rehabilitationsbehandlung ist bei Patienten mit PSP sinnvoll und sollte durchgeführt werden, um insbesondere die Mobilität so lange wie möglich zu erhalten. Generell sind diejenigen Kliniken, die auch mit Patienten mit Parkinson aufnehmen, die geeigneten. Bei einem Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik kann das physiotherapeutische Programm verstärkt und neue Ansätze erprobt werden. Zudem kann die Medikation verändert werden, wenn Bedarf besteht. Durch den stationären Aufenthalt kann der Patient zu verschiedenen Tageszeiten und in vielen Situationen beurteilt werden. Das ist bei einer ambulanten Vorstellung nicht möglich.

 

HL2: Logopädie

Sprechtherapie kann über einen gewissen Zeitraum Sprechstörungen und auch Schluckstörungen verbessern. Manchmal hilft auch eine geringe Dosis eines Antispastikums, um die Sprechfähigkeit zu verbessern. Durch die Logopädie lässt sich das durch die Krankheit bedingte verlangsamte Sprechtempo nicht verändern, aber die Stimmqualität. Logopädie ermutigt den Patienten auch, trotz der Veränderung der Stimmmelodie zu sprechen.

 

HL2: Atemtherapie

Atemtherapie verbessert die bei PSP-Patienten oftmals sehr flache Atmung und kann Lungenentzündungen vorbeugen. Bei manchen Patienten verbessert sich durch die Atemtherapie auch der Rigor und die Beweglichkeit.

 

HL2: Weitere unterstützende Maßnahmen

  • Eine Sonnenbrille kann bei leichten Formen des Lidkrampfes, bei denen keine Botulinumtoxininjektion möglich ist, helfen, die sehr lichtempfindlichen Augen zu schützen. Manche Patienten tragen daher ihre Brillen auch in der Wohnung.

 

  • Augentropfen oder eine Augensalbe sollten bei den nicht seltenen Bindehautreizungen aufgrund des seltenen Lidschlages mehrmals täglich angewendet werden.

 

  • Manchmal sind Gehhilfen notwendig, die das sichere Fortbewegen unterstützen. Geeigneter als ein Gehstock ist ein Rollator, da man bei diesem Gerät das eigene Gewicht besser ausbalancieren kann. Der Rollator besteht aus einem Metallgestell mit vier Rädern, auf das man sich aufstützen kann. Gleichzeitig kann man in einem Korb mehrere Gegenstände mitnehmen. Allerdings schützt der Rollator nicht vor Stürzen.

 

  • Wichtig ist auch darauf zu achten, dass „Stolperfallen“ wie herumliegendes Kinderspielzeug, niedrige Tische oder lose Teppiche (die man mit einer Gummiunterlage befestigen kann) beseitigt werden.

 

  • Haltegriffe an Wänden und insbesondere im Badezimmer und auf der Toilette sind zu empfehlen. Das Treppensteigen stellt eine weitere Gefahrenquelle für Stürze dar. Viele Betroffene benötigen bereits früh im Verlauf der Erkrankung Hilfe sowohl beim Treppauf- als auch beim Treppab-Gehen.

 

PSP Patienten leiden sehr häufig an schweren Schluckstörungen und dadurch bedingter starker Gewichtsabnahme. Auch das Trinken kann problematisch werden. Manchmal entsteht daraus Husten und Würgereiz bis hin zu Erstickungsanfällen und einer Lungenentzündung. Auch starke Schleimbildung kann eine Folge davon sein. In diesem Fall kann in einer internistischen Praxis oder fast jeder Klinik eine PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie) angelegt werden. Die PEG ist ein weicher Schlauch, der während einer Magenspiegelung unter lokaler Betäubung der Einstichstelle direkt durch die Bauchdecke gelegt wird. Diese operative Anlage und die Pflege der PEG ist einfach und in der Regel komplikationslos. Der Schlauch kann bequem unter der Kleidung verborgen werden. Eine normale Nahrungsaufnahme ist weiterhin möglich und der Patient kann mit Genuss die Speisen essen, auf die er Lust verspürt. Die fehlenden Kalorien können bequem über die PEG zugeführt werden. Auf diese Weise wird dem drohenden Gewichtsverlust vorgebeugt, und auch Medikamente können leichter gegeben werden. Natürlich kann man über die PEG auch Flüssigkeit geben und damit dem Flüssigkeitsverlust vorbeugen, da Menschen mit PSP oft zu wenig trinken.

Eine PEG kann über Jahre dem Patienten helfen und braucht bei guter Pflege nicht ausgewechselt werden. Es muss allerdings vermieden werden, dass der dünne Schlauch verstopft oder an der Eintrittstelle Entzündungen auftreten.

  

HL1: Leben mit PSP

 

Das Verständnis für die Erkrankung des Patienten von Seiten seiner Angehörigen und anderer Kontaktpersonen ist für den Patienten sehr wichtig. Viele Angehörige kümmern sich liebevoll um die erkrankten Lebenspartner. Diese Broschüre trägt hoffentlich dazu bei, dass man die Symptome der Erkrankung besser verstehen kann.

Manchmal werden die Verlangsamung und der mangelnde Blickkontakt als willentlich vom Patienten gesteuert empfunden, insbesondere da bei PSP-Patienten die Ausprägung aller Symptome tageszeitlich schwanken kann. Es gibt also „gute“ und „schlechtere“ Zeiten. Die guten Zeiten sollte man gemeinsam intensiver nutzen für angenehme Aktivitäten wie Spaziergänge oder gemeinsame Spiele. In den „schlechten“ Zeiten, in denen der Patient in vielen Bereichen sehr eingeschränkt ist, benötigt er große Zuwendung. Hektik kann den Rigor verstärken.

Das Leben mit PSP ist für die Betroffen mit vielen Veränderungen in ihrem täglichen Leben verbunden. Aber auch für die Angehörigen, die die Betreuung und Pflege übernehmen, bedeutet diese Aufgabe eine große Belastung. Daher ist es wichtig, dass die pflegenden Angehörigen auch auf sich selbst achten und sich Freiräume schaffen. Dies kann zum Beispiel durch die Anbindung an örtliche Nachbarschaftshilfen, Hospizverbände oder Therapiegruppen geschehen, in denen die Patienten stundenweise betreut werden können. Jeder noch so fürsorglich pflegende Mensch braucht Auszeiten um neue Kraft zu schöpfen. Viele Angehörige haben insbesondere mit ehrenamtlichen Helfern (z. B. Hospizgruppen) sehr positive Erfahrung gesammelt.

 

HL1: Palliativmedizin und Kontrolle über medizinische Maßnahmen

 

Die Palliativmedizin strebt nach der Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, wenn diese mit einer fortschreitenden, unheilbaren Erkrankung konfrontiert sind. Immer häufiger kommt es vor, dass PSP-Patienten – insbesondere im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung – nicht in Kliniken aufgenommen werden. Die Aufnahme auf einer Palliativstation kann eine Alternative sein. Hier können schwer behandelbare Symptome kontrolliert werden, was zu einer spürbaren Entlastung für die pflegenden Angehörigen führt (die während eines Aufenthaltes auch dabei sein können).

Wichtig ist es, den Kranken rechtzeitig auf die Möglichkeit zunehmend eingeschränkter Geschäftsfähigkeit hinzuweisen. Dafür bleibt bei der ambulanten Vorstellung oft nicht genügend Zeit. Ein wichtiges Gespräch über lebensverlängernde Maßnahmen kann oft in einem multiprofessionellen Team besser geführt werden. Viele Patienten äußern bereits zu Beginn der Erkrankung, dass sie keine lebensverlängernden Maßnahmen wünschen und möchten die Einzelheiten dieser Entscheidung mit einem kompetenten Arzt besprechen. Die schriftliche Festlegung des Patientenwillens in einer Patientenverfügung ist sinnvoll. Wenn ein Patient sich, nach entsprechender Aufklärung, gegen intensivmedizinische Maßnahmen entscheidet, sollte dies so frühzeitig und so genau wie möglich schriftlich festgelegt werden. Die Diskussion über diese Fragen muss zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem der Patient noch zumindest einwilligungsfähig ist. Eine Patientenverfügung ist für den behandelnden Arzt umso verbindlicher, je konkreter sie sich auf die tatsächliche Situation bezieht.

Eine Vorsorgevollmacht ist, wenn sie formal korrekt abgefasst ist, uneingeschränkt rechtlich bindend; der Bevollmächtigte kann für den Patienten Entscheidungen treffen. Allerdings muss der Patient bei der Abfassung einer Vorsorgevollmacht geschäftsfähig sein.

 

HL1: So können Sie die Parkinson Forschung unterstützen

 

Es gibt weltweit inzwischen eine beachtliche Zahl von Forschergruppen, die sich mit der PSP beschäftigen. Die Anzahl ist allerdings im Vergleich zu Gruppen, die sich mit der Erforschung anderer neurodegenerativer Erkrankungen befassen noch gering. Aufgrund der Ähnlichkeit der PSP zur Parkinson’schen Erkrankung und zur Alzheimer Demenz sind einige Ergebnisse, die in der Forschung dieser Erkrankungen erzielt werden, jedoch auf die PSP übertragbar.

Die Gelder, die für PSP-Forschungsprojekte benötigt werden, kommen nicht selten zum Teil von PSP-Selbsthilfe-Gesellschaften, die regelmäßig Projekte ausschreiben. Mit Spenden an diese Vereinigungen unterstützt man daher nicht nur die Aktivität der Vereine, sondern leistet auch einen Beitrag zum besseren Verständnis und zur Behandlung der Erkrankung. Die meisten Forschergruppen haben zudem eigene Spendenkonten, mit denen Sie laufende Projekte finanzieren können.  

Neben der finanziellen Unterstützung ist auch die Bereitschaft, an wissenschaftlichen Studien teilzunehmen, eine Möglichkeit die Forschung zu unterstützen. Häufig werden dabei Blutuntersuchungen oder Röntgenuntersuchungen durchgeführt. Neue Medikamente, deren Sicherheit vorher getestet wurde, werden in kontrollierten Studien auf ihre Wirksamkeit bei PSP-Patienten untersucht.

Ein wichtiger Beitrag zur Forschung ist die Einwilligung zur Untersuchung des Gehirns nach dem Tode. Aus den Ergebnissen, die sich mit den Veränderungen im Gehirn beschäftigen, kann man wichtige Rückschlüsse über die Erkrankungsmechanismen und Behandlungsmöglichkeiten ziehen. Speziell zu diesem Zweck ist in Deutschland am Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) eine „Gehirnbank“ eingerichtet worden. Diese Institution übernimmt alles Organisatorische für die Entnahme des Gehirns nach dem Tode und gewährleistet nicht nur die wissenschaftlichen Untersuchungen, sondern sorgt auch dafür, dass die Spender kurzfristig wieder an die Bestattungsinstitute vor Ort überführt werden.  

 

Anschrift der Verfasser :

Prof. Dr. Stefan Lorenzl

Chefarzt der Neurologie des Krankenhauses Agatharied,

Hausham

Mail:   Stefan.Lorenzl@med.uni-muenchen.de

 

Und

Prof. Dr. Ullrich Wüllner

Klinik und Poliklinik für Neurologie, Sektion Bewegungsstörungen, Universitätsklinikum Bonn, Bonn, und Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Bonn

 

Kontaktadressen von PSP-Gruppen:

 

Bayern

Claudia Maurer, Tel. 0178-2171926, Schmidgern 14,

82205 Gilching, cmaurer@psp-gesellschaft.de

 

Frankfurt/Main und Hessen, PLZ-Gebiet 7

Tanja Cradle, Tel. 0170-4163671, Alt Bonames 2a,

60437 Frankfurt, sh.hessen@psp-gesellschaft.de

 

Ruhrgebiet/NRW, Rheinland-Pfalz

Andrea Monjé, Tel. 0160-8065713, Speichergracht 11,

47051 Duisburg, sh.westen@psp-gesellschaft.de

 

Leipzig/Mitteldeutschland (zentrale Ansprechpartnerin für PSP)

Susanne Wagner, Tel. 0179-7930337, Könneritzstr. 29 / WH,

04229 Leipzig, sh.leipzig@psp-gesellschaft.de

 

Brandenburg/Berlin

Burgi Wagner, Tel. 03381-300144, Bayernstraße 17,

14770 Brandenburg, sh.brandenburg@psp-gesellschaft.de

 

Bremerhaven

Rolf Stiening, Tel. 04222-1600, Th.-Storm-Weg 40,

27777 Ganderkesee, sh.bremerhaven@psp-gesellschaft.de

 

Lübeck

Anke Welzel, Tel. 04563- 478627, Knoopsweg 1

23683 Scharbeutz, sh.luebeck@psp-gesellschaft.de